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5 Jahre Hormone

Heute vor 5 Jahren habe ich meine ersten Hormone verschrieben bekommen und zu mir genommen. Damals noch mit Testosteronblocker. Diesen brauche ich ja schon seit Jahren nicht mehr aber es ist doch an der Zeit einen Rückblick zu wagen.

Jeden Morgen gibt es zwei Hübe aus der Dosierflasche mit Gynokadin-Gel. Einen auf jeden Oberarm. Meine Blutwerte sind gut, alles im Normbereich.

Leider hat sich von den Legenden und Gerüchten nichts bewahrheitet. Weder sind meine Füße geschrumpft noch meine Ohren. Meine Stimme hat sich auch nicht verändert und bekanntermaßen war das Brustwachstum auch nicht so berauschend. Wer weiß woher das kommt. Ob hier das Testosteron schon zu viel Schaden angerichtet hat?

Beim Sport bekomme ich noch ab und zu Hitzewallungen und der Schweiß generell macht mir zu schaffen, aber sonst ist alles im Rahmen. Keine Gefühlsausbrüche mehr, kein besonders Zickiges Verhalten. Die Blutwerte haben sich gut eingependelt und dadurch dass ich die Hormone täglich zuführe gibt es auch kein Monatliches Auf und Ab. Ob ich darüber traurig sein soll weiß ich nicht. Ich bin froh so wie ich bin nicht all zu arg anzuecken und den Menschen nicht mehr als nötig auf den Keks zu gehen.

Medizinische Spätfolgen durch die Transition

Vorweg, ich habe mich zu dem Thema noch nicht ausgiebig informiert wenn gleich es eh schon wenig Informationen dazu gibt. Aber ich möchte den Stein ins Rollen bringen das sich auch andere mit dem Thema beschäftigen.

Wir, die Transsexuellen, also auch ich haben das Problem, im falschen Körper geboren worden zu sein. Also in meinem Fall einem Körper der männliche Merkmale hatte. Ich habe Hormone zugeführt, männliche Hormone durch Medikamente unterdrückt. ich habe mich vier mal auf dem OP-Tisch einer Vollnarkose ausgesetzt und operieren lassen. Außerdem trage ich Schuhe die nicht für so große und damit schwere Menschen gedacht sind.

All das ist schon eine ziemliche Last für meinen Körper. Ich frage mich nun, wie sieht meine Zukunft aus? Die Hormone haben den Haushalt meines Körpers ganz schön durcheinander gewürfelt. Die Operationen sind gut verlaufen und ich habe mich erholt. Narben bleiben aber dennoch. Durch hochhackige Schuhe ist meine Körperhaltung besser geworden, ich stehe gerader, aber was halten meine Füße davon?

Zu Füßen gibt es ausgiebige Studien und gruselige Fotos vom Ortopädden zeigen, dass Frauen wirklich viel in kauf nehmen um auf ihren zu hohen Schuhen aufsehen zu erregen. Sie zwängen ihre Füße in viel zu kleine Schuhe wenn es diese nicht in ihrer Größe gibt. Ignorieren die angeborene Fußform zugunsten eines Designerschnitts der bestenfalls einer Schneiderpuppe passt.

Aber die Schuhe sind in meinem Fall wohl eher die Harmloseren Faktoren.

Wie wird sich mein Körper in den nächsten 30 oder 40 Jahren noch verändern? Bin ich weiterhin der Alterung eines männlichen Körpers unterlegen oder werde ich älter, so wie Frauen allgemein?

Mal ganz davon abgesehen, dass nur wenige Vorfahren eines natürlichen Tod gestorben sind. Meine Familie väterlicher und mütterlicher Seits hat schon über Generationen hinweg mit Krebs zu kämpfen. Meine Mutter macht gerade Chemo, mein Vater ist dem Krebs bereits vor 13 Jahren erlegen.

Ich muss dem realistisch sein. Ich habe jetzt noch 10 bis 15 Jahre eine halbwegs glückliches Leben bevor mich das alter und womöglich der Krebs erwischt.

Und hier meine Fragen an euch:

  1. Wie geht ihr mit so einer Perspektive um?
  2. Kennt ihr Studien zum Altersverlauf von Transfrauen?

Krankenhausbericht zur GaOP II Nachsorge

Seit meiner Entlassung aus der Klinik vor genau drei Wochen ist es hier etwas still geworden. Ich hatte mit so allerlei Problemen zu kämpfen.

Am Freitag nach der Op wurde ich aus der Klinik entlassen. Leider war der Auszug nicht so nett, da man uns nicht wie versprochen um 12 gehen lassen wollte sondern bereits für 9 Uhr das Zimmer neu belegt hatte. Ich schlang mein Frühstück herunter, eilte unter die Dusche während die Putzfrau schon das Zimmer herrichtete. In aller Eile sich herzurichten und zu packen ist gar nicht meine Art.

Zusammen mit meiner Zimmergenossin und deren Lebensgefährtin wollten wir dann noch gemeinsam im Vapiano was trinken gehen, bevor es ins in die City trieb. Allerdings waren wir auch dafür zu früh dran so dass wir in der nahegelegenen Bäckerei mit Kaffee und Kuchen unseren Auszug feiern mussten.

Wir verabschiedeten uns in der Innenstadt und gingen getrennte Wege. Die einen Richtung Frauenkirche, meine Freundin und ich zog es mehr zum Übergrößen Schuh-Kauffmann. Neue Pumps für den Sommer mussten her. Auf dem Weg zum Mittagessen im Guglhupf fanden sich dann noch zwei Handtaschen ein und als wir gut gesättigt waren, traten wir die Heimreise Richtung Stuttgart an.

Wieder zuhause

Sonntag find ich wieder mit den Hormonen an, die ich seit vor der OP nicht mehr nehmen durfte. Verstärkter Bartwuchs war die Folge von fehlenden Hormonen.

Montag machte ich mir einen Termin zum Entfernen der Klammern. Ich solle Dienstag vorbeikommen.

Dienstag kam ich dann in die Praxis, musste mich frei machen nur um einen angewiederten Blick meines Doktors entgegegnet zu bekommen. Er verwies mich zu einer Chirurgischen Praxis im Ort zu der ich auch direkt gehen musste. Dort angekommen empfing mich eine mit offenem Mund schmatzende Sprechstundenhilfe, die meinte, die Sprechstunde sei vorbei ich solle später wieder kommen. Auf der Uhr stand 11:02. Sprechstunde bis 11 Uhr. Na danke.

Um 14 Uhr stand ich wieder auf der Matte. Der ganze Betrieb war mir unangenehm, ich fühlte mich nicht wohl. Ich kam in ein Zimmerchen mit einer Bare und dazu haufenweise Schränke mit Verbandsmittel. Es hatte den Charm eines Lagerraums hinter einer Dönerbude.
Der Arzt kam mit seinem Assistenten herein und bat mich, mich frei zu machen. Ich hatte die Schuhe noch nicht aus da stand eine ältere Schwester im Raum und suchte nach irgendetwas. Als ich die Hose aus hatte erschien die Kaugummi-kauende Schwester vom Vormittag, kam durch eine Tür herein, verschwand durch eine andere. Dabei ließ sie beide Türen offen stehen und ermöglichte einem wartenden Patienten im Flur so einen erstklassigen Blick auf meine neue Muschi. Dies war dann doch zu viel. ich protestierte lautstark dass ich das hier unmöglich finde und mich hier ganz und gar nicht gut aufgehoben fühle.
Der Doktor komplementierte daraufhin alle aus dem Zimmer außer der älteren Schwester, die sich als erfahrene OP-Schwester herausstellte. Meine Freundin hatte tags zuvor gezählt und 20 Klammern gefunden. Als die Klammern entfernt waren zählte ich die auf der Ablage liegenden Metalbögen und zählte nur 19. Die Schwester, inzwischen mit mir allein im Zimmer versicherte mir dass alle Klammern raus seien und sie entschuldigte sich noch einmal für das Durcheinander. Das Entfernen habe ich praktisch gar nicht gespürt. Die großen Klammern von der ersten OP hatten dagegen ziemlich gezwickt.

Die restliche Woche zuhause war ereignislos und langweilig so dass ich mich wirklich richtig gefreut hab die Woche drauf wieder arbeiten gehen zu können.

Zurück im Job

Wie schon letztes mal wurde ich nett empfangen und musste meine Geschichte wieder und wieder erzählen. Nur diesesmal war diese einfach nicht so lang und Aufregend. Alles war gut gegangen, ich hatte keine Schmerzen und alles schien sich zum Besten zu entwickeln.

Ich bekam unerwartet sehr interessante Themen auf den Tisch die mich dazu bewogen direkt in der ersten Woche sieben Überstunden zu machen, ganz freiwillig. Dies Schlug sich dann aber doch recht aug auf meine noch angeschlagene Gesundheit nieder so dass mich am folgenden Wochenende erst Kopfschmerzen und dann eine Grippe heimsuchten.

Entdeckungen

Ich versuchte mich mit einem Erkältungsbad wieder her zu richten. Zwei Wochen waren seit der Operation vergangen und somit durfte ich endlich wieder baden. Im warmen Wasser wollte ich mir nun endlich mal ansehen wie es geworden ist und erschrak. Ganz vorne oben, auf der linken Seite steckte noch immer etwas silbernes. Eine Klammer, Nr. 20, steckte dort immer noch wuchs langsam ein.

So ging ich also Montag morgens mit einem mords Schädel und Grippesymptomen erneut in die Chirurgische Praxis und wieder sehr herzlich empfangen. Der Doktor und die Schwester von letztem mal verschwanden auf nimmer wiedersehen als sie hörten warum ich da war. man ließ mich 55 Minuten im Wartezimmer sitzen bevor die Sprechstundenhilfe sich erbarmte die Klammer zu entfernen. Das Desinfektionsmittel brannte etwas und sie meinte auch, das die Klammer schon eingewachsen sei. Tia, sie hätte ja auch vor 2 Wochen entfernt werden sollen.
Danach zum Hausarzt der mich wieder für eine Woche zur Genesung krank schrieb.

Und so habe ich wieder eine Woche zuhause verbracht. Der Schädel war heftig und wird langsam besser. Ist schon komisch. Normalerweise hab ich Grippe mit viel Schnupfen. Daraus resultieren verschlossene Nebenhöhlen und daraus Kopfschmerzen. Dieses Mal waren die Kopfschmerzen zuerst da und der Schnupfen kam erst zwei Tage später. Was ich mir da wohl wieder eingefangen hab.

Nachsorge

Inzwischen mache ich die Dehnungsübungen wieder, auch wenn die ziemlich Problematisch sind. Bei der Korrektur-OP wurde ein Dammschnitt vorgenommen. Ich hab also eine Naht genau auf dem Hautstreifen zwischen Vagina und Anus. Die naht ist ziemlich empfindlich. Regelmäßig nach dem Stuhlgang habe ich Blut am Papier. Und die Dehnungsübungen zerren am anderen Ende der Naht. Ich bin zurück auf die 3te von 5 Größen der Dilatoren und traue ich mich kaum mit etwas größerem Anzufangen. Ich werde noch eine Woche warten bevor ich wieder richtig dehnen kann.

Gefühle

Aber es gibt auch etwas Positives zu berichten. Trotz dreier Nähte die noch drin sind, am Damm, unterm neuen Kitzler und auf dem Venushügel, fühlt sich alles deutlich besser an. Es ist wie als hätte die Korrektur-OP einen Haufen Verspannungen gelöst. Ich kann mich endlich anfassen ohne es als unangenehm oder sogar schmerzhaft zu empfinden. Die Haut ist weich, angenehm zu berühren und nicht mehr so überempfindlich, hart und geschwollen. Es zeichnen sich zwar neben den äußeren Schamlippen immer noch keine Inneren Schamlippen ab aber sei’s drum. Wenn jetzt das mit dem Dehnen wieder gut klappt könnte ich vielleicht sogar bald zufrieden sein.

Schon ist es bald wieder soweit

So, seit Sonntag keine Hormone und keine Medikamente mehr. Nächsten Sonntag ziehe ich wieder in die Beckenbodenklinik München-Bogenhausen ein. Am Montag liege ich voraussichtlich 60 Minuten auf dem Tisch und verbringe dann bis Freitag meine Zeit auf Station. Ich wurde völlig zurecht vorhin gefragt, warum ich mit den Hormonen und den Medikamenten aufgehört habe. Dies hängt direkt mit der anstehenden Operation zusammen. Nicht alle aber manche Medikamente haben eine blutverdünnende Wirkung. Ich könnt euch vielleicht vorstellen, dass Gerinnungshemmer bei einer OP nicht so ne wirklich gute Idee sind. Ich will doch dass sich die Wunde schließt und ich nicht dabei verblute. Also muss ich die Medies ca 10 Tage vor der Operation absetzen und kann ein paar Tage nach der OP wieder damit anfangen. Bei der ersten Op war das ziemlich heftig da ja dann das Testosteron wieder einsetzt und der Bart sprießt. Ich könnt mir glauben, in der Klinik hab ich einige Tage nun wirklich kein angenehmes Bild abgegeben. Aber danach, ohne Testosteronerzeuger und mit extern zugeführten Hormonen wurde es schnell wieder besser. Also denn, Samstag geht’s nach München, Sonntag morgens in die Klinik und Montag auf den Tisch. Wer mag darf mich gerne mal besuchen kommen…

Gefühle, Liebe, ganz ohne Schmerz

Nachdem sich meine Freundin bereits Mitte Januar wieder von mir getrennt hatte, fand mich eine neue Liebe, ganz unvermittelt und es ist ganz wunderbar. Nach nun über 3 Monaten Beziehung und einem gerade laufenden Einzug Ihrerseits in meine Wohnung bin ich immer noch verliebt und liebe Sie jeden Tag mehr.

Es kann also doch Menschen geben, die mit einem Transgender klar kommen. Hatte schon gezweifelt. Zugegeben, was ich so höre sind die meisten TS allein oder springen von einem ONS zum anderen. Bei vielen bin ich aber der Meinung, sie sind selbst schuld an ihrer Misere. Wer sich nicht mehr raus traut und einmauert braucht nicht zu erwarten, dass der Traumpartner an die Tür klopft. Nur mit gesundem Selbstvertrauen und aufrechter Haltung kann man attraktiv wirken und hat somit eine Chance.

Nun etwas anderes:

Ist öffentliches Schreiben über sein eigenes Sexualleben ok? Ich denke schon. Außerdem soll dieses Blog betroffenen helfen, auch gerade bei den so interessanten Tabuthemen. Wer so etwas nicht lesen will sollte hier stoppen.

Sexualleben als Transgender mit einem Mann läuft immer nur auf das A-Ding raus. Aber dazu kann ich nicht viel sagen, da ich wie gesagt mit einer Frau zusammen bin.
Wie läuft das Sexualleben als Mann zu Frau Transsexuelle, wenn die OP noch aussteht? Dass muss jede für sich selbst wissen was sie machen möchte. Ich habe entschieden, dass der Penis nunmal der Bereich ist, an dem ich das meiste empfinde. Und auch nach der OP sind die Bestandteile auch nur neu platziert. Eine reine optische Anpassung, keine funktionale. Daher benutze ich das ungeliebte Ding weiter. Auch wenn der Testosteronblocker und die Östrogene die Benutzbarkeit deutlich beeinträchtigen, kann es weiterhin Spass machen. Aber etwas komisch fühlt es sich schon an, hat doch die Hormonänderung auch das Empfinden im Kopf irgendwie umgepolt. Ich empfinde bekannte Gefühle, seh ich aber nach unten passt das ganze nicht mehr zusammen. Zu fühlen, man ist jetzt soweit und dann zu sehen das da unten alles am schlafen ist, ist mehr als nur einmal sehr frustrierend. Ich hab aber für mich gelernt, dass sich unter Druck zu setzen absolut kontraproduktiv ist. Spontanität ist trumpf und plötzlich tut sich auch wieder was. Ich bin mir aber sicher, dass in absehbarer Zeit dort gar nichts mehr funktionieren wird. Davor fürchte ich mich sehr, freue mich aber auf die OP, die all das (hoffentlich) gerade rücken wird

2010 – Ein Rückblick

Zwischen Weihnachten und Neujahr 2009 hab ich mich entschieden meinem inneren Empfinden nicht mehr im weg zu stehen. Anfang Januar war ich zum ersten mal bei einer Selbsthilfegruppe, wenige Tage später zum ersten mal bei meinem jetzigen Therapeuten.

Über Monate hinweg bis Anfang April weihte ich alle Personen ein, die mir wichtig waren oder für meine berufliche Situation nötig waren. Am 6. April dann das große Outing vor allen Mitarbeitern im Büro. Seit diesem Tag habe ich meiner bis dahin getragenen männlichen Maske abgeschworen. Nur zehn Tage später gab’s die ersten Hormone.

Die ersten Schritte im Alltag waren sehr anstrengend da ich mich permanent beobachtet und begafft fühlte. Die Kollegen akzeptieren meine Entscheidung und lassen mich keinerlei Abneigung spüren. Mein alter Vorname fällt nie mehr.

Mit der Zeit fühle ich mich immer wohler, sehe immer öfter die Frau im Spiegel, die ich in mir spüre. Die Öffentlichkeit gafft nicht mehr. Den meisten Personen fällt es immer seltener auf. Mit Kleidung und Stil habe ich mich den Massen angepasst, ohne mich dabei selbst zu verlieren.

Die Medikamente wirken und da sie mir ein wenig das seelische Rüstzeug nehmen, fühle ich mich deutlich weicher und emotionaler. Depressionen kommen und gehen, aber ich verliere mein Ziel nicht mehr aus den Augen. Zu meinen früheren sehr kleinen Freundeskreis hat sich ein neuer, sehr Großer gesellt. Ich bin sehr gesellig geworden und verbringe meine Freizeit viel unter Menschen. Es ist sehr erstaunlich das jetzt, da ich zu mir selbst stehe, plötzlich auch ganz viele Menschen zu mir stehen. Ich werde akzeptiert und sogar geliebt.

Meine alte Leidenschaft für Computer und Technik schwächelt, die Sammelleidenschaft ist vollends verschwunden. Die griesgrämige Maske, unfähig mit Menschen zu interagieren ist zerbrochen.

Der langwierige Weg von einem Gutachter zum anderen, dann zum Gericht und vorher noch zur Endokrinologin wird hoffentlich auch in kürze Früchte tragen, in Form eines neuen, offiziellen Personalausweis mit neuen Vornamen.

Mein Ziel, als Frau zu leben, als Frau wahrgenommen zu werden und ohne Kompromisse Leben zu können hatte ich für in 2-3 Jahren geplant. Doch es ist schon jetzt, nach nur 9 Monaten soweit und ich bin mehr als Glücklich und sogar ein wenig Stolz auf mich.

Dann sehen wir mal was 2011 so bringt.

Persönlichkeitsveränderungen

Eigentlich wollte ich hier nichts über mein Privatleben schreiben, da es nur selten direkt zu diesem Blog passt, aber ich merke immer mehr, dass hier was fehlen würde wenn ich es komplett ausblende.

Früher war ich der buchstäbliche Nerd. Sozialleben nicht existent. Einzige Kommunikation mit der Außenwelt durch den Computer. Soziale Verbindungen standen nur zu anderen Nerds. Ein Nerd ist ein, meist auf ein Thema fixierter Spezialist der mit dem Rest der Welt nicht klar kommt. Autistische Züge sind üblich.

Mann muss sich das vorstellen das ich so schüchtern war, das ich eher 2 Stunden durch die Gegend geirrt bin als das ich auch nur einmal jemanden gefragt habe, wie ich denn da hin komme wo ich hin wollte. Eher hab ich nichts gekauft als das ich die Verkäuferin gefragt hab wo Produkt xy zu finden ist.

Das Testosteron, und davon hatte ich selbst für den männlichen Körper deutlich zu viel, puscht das Ego und den „ich bekomm das alleine hin“-Drang so sehr, dass es gar nicht mehr anders geht. Man steckt sich die Ziele so dermaßen hoch, dass sie nicht mehr erreicht werden können und man zwangsläufig in einer Depression endet, weil man ja nix hinbekommt was man sich vor nimmt.

Außerdem hat so viel Testosteron jegliche Feinheit meiner Gefühle blockiert. Ich habe bis zu diesem Jahr in meinem ganzen Leben nur eine Hand voll mal wirklich geweint. Der Geist wollte, aber der Körper hat es blockiert. Frei nach der Devise, Männer zeigen ihre Gefühle nicht.

Und dann kam der Testosteronblocker und die Hormone.

All das was ich gerade beschrieben habe, hat sich so grundlegend geändert, dass ich Wort wörtlich davon sprechen kann, ein ganz neuer, anderer Mensch geworden bin.

Inzwischen bin ich sehr lebensfroh und offen für alles Neue was da kommen mag.
Anfangs sollte ich mal im Club auf die Tanzfläche und meine Antwort war „ich stehe schon den ganzen Tag im Rampenlicht, da muss ich nicht auch noch auf die Bühne gehen“. Heute liebe ich die Tanzfläche und auch habe ich keine Angst mehr davor angesehen zu werden. Ganz im Gegenteil, ich sorge sogar dafür, dass ich der sichtbare Mittelpunkt bin. Das mag etwas überheblich klingen aber wenn die anderen Tanzenden inzwischen mich kopieren kann es nicht ganz falsch sein.

Außerdem lerne ich jede Woche neue Menschen kennen und gehe auf unbekannte zu wenn ich die Lust danach spüre.

Mein Leben hat sich grundlegend gewandelt. Ich gehe selbstsicher, meist fröhlich mit einem lächeln auf dem Gesicht durch die Stadt. Auch habe ich das Gefühl nicht mehr so wirklich aufzufallen. Wer mir ins Gesicht schaut, schaut meist noch ein zweites mal aber das bisher übliche Getuschel unter Jugendlichen bleibt aus. Persönlich habe ich Anfang des Jahres gedacht diesen Zustand frühestens in 2-3 Jahren erreichen zu können. Nun ist es heute schon soweit das ich mich in meiner Haut voll und ganz wohl fühle.

Einzig das Thema Liebe bereitet mir noch Schwierigkeiten, hab ich doch schlicht keine Erfahrung wie man sich als Frau nen Mann angelt. Und selbst wenn, da mein Geschlecht körperlich immer noch männlich ist, stellt mich das oft vor das Problem, dass Männer mit der Information nicht umgehen können. Aber auch das wird die Zeit richten und ich gebe die Hoffnung nicht auf. Sonst wäre ich heute nicht hier wo ich heute bin, stark, selbstsicher, gefühlvoll und lebensfroh.

Medikamente

Ich werde immer wieder gefragt was für Medikamente man denn nehmen muss, was die machen und wie lang ich diese noch einnehmen muss. Wenn ich gerade zum letzten Punkt antworte „mein restliches Leben“ sehe ich oft in staunende Gesichter.

Ich fasse hier mal zusammen welche Medikamente ich derzeit nehme und warum. Dabei schmeisse ich bewusst nicht mit den Fachbegriffen um mich, damit es wirklich jeder verstehen kann.

Cyproteronacetat dura (Androcur):

Dieser Wirkstoff ist den meisten eher bekannt unter dem Namen „Androcur“. Androcur ist ein Testosteronblocker. Testosteron ist für das maskuline, männliche erscheinen, das Temperament, die seelische Stabilität und einige weiter männliche Merkmale zuständig. Frauen haben allerdings auch Testosteron in ihrem Körper. natürlich nicht so viel wie Männer aber man kann oft an erfolgreichen, durchsetzungsstarken Frauen messen, das deren Testosteronwert vergleichsweise hoch ist.

Androcur wirkt, in dem es die Rezeptoren für dieses Hormon im Körper blockiert. damit kann das Testosteron nicht mehr wirken. Viele Ärzte haben früher mit diesem Medikament dafür gesorgt, das der wert auf absolutes 0 heruntergedrückt wird. Das wirkt sich allerdings sehr stark auf die seelische Stabilität aus. Aber selbst wenn das Testosteron nicht so weit heruntergefahren wird, sind Nebenwirkungen nicht auszuschliessen. Androcur ist berüchtigt für seine Depressionen auslösende Wirkung. Das steht im direkten Zusammenhang mit der Dosis die man täglich einnehmen muss. Um so näher man dem Nullpunkt kommt, um so eher fühlt man „nah am Wasser gebaut“. Als biologischer Mann muss man sich allerdings klar machen das das bei Frauen üblich und ganz normal sein kann.

Androcur sollte allerdings nicht all zu lang in hohen dosen eingenommen werden. Nachdem es die Rezeptoren für Testosteron blockiert fängt es nämlich an diese für die weiblichen Hormone auch zu blockieren.

Das meiste testosteron wird in den Hoden produziert und in den Körper geleitet. Einen Testosteronblocker, der womöglich nicht so viele Nebenwirkungen mit sich bringt, muss man daher solange nehmen bis die geschlechtsangleichende Operation erfolgt ist. Wenn die Hoden in der bisherigen Form entfernt wurden, wird nur noch die nötigste Menge produziert, die als Frau üblich ist.

Gynokadin Dosiergel:

Dieses Gel enthält weibliche Hormone zum Auftragen auf die Haut. Weibliche Hormone können über unterschiedliche Wege zugeführt werden. Bei mir eben derzeit mit diesem Gel das ich jeden Morgen auf meine Oberarme auftragen muss. Auch nach der geschlechtsangleichende Operation müssen weiterhin die weiblichen Hormone extern zugeführt werden, da der männliche Körper nicht fähig ist diese in ausreichender Menge zu produzieren.

Auswirkungen:

Im Laufe der Behandlung haben sich diese Medikamente bei mir folgendermaßen ausgewirkt.

Zuerst fühlte sich die Haut der Arme deutlich weicher an. Die Muskulatur an Armen, Schultern und später auch am restlichen Körper bildet sich zurück. Ich habe eine ganze Kleidergröße am Oberkörper verloren. Am Handgelenk brauchte ich vorher 21 cm Armbänder, jetzt nur noch 19,5cm.

Ich fühlte mich beschwingter, befreit, dass mein Körper endlich so reagiert wie es der Geist sich wünscht. Dazu gehört bei Emotionen auch weinen zu können, sich spontan über Kleinigkeiten freuen können und einfacher sehr viel lockerer und entspannter zu sein.

Die Libido lässt deutlich nach und der Wunsch nach dem Druck ablassen ist auch verschwunden.

Androcur hat die positive Wirkung Haare sehr viel schneller wachsen zu lassen. Vor allem die Haare auf dem Kopf wachsen in Rekordgeschwindigkeit. Was früher 4-5 Monate brauchte, wächst jetzt in einem. Die nachwachsenden Haare sind deutlich dünner, feiner und weicher.

Die Brust fängt natürlich auch an zu wachsen. Zuerst entwickelt sich ein Knubbel unter der Brustwarze, der langsam größer wird.

Zukunft:

Wenn ich hoffentlich bald von Androcur weg komme, schreibe ich hier welches andere Medikament ich bekomme und wie dieses wirkt.