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Aufziehmännchen

Mein Leben ist ganz und gar nicht langweilig. Im Gegenteil. Manchmal wünschte ich mir es wäre etwas ruhiger. Und dann stelle ich fest, ich bin selbst dafür verantwortlich.

Freunde fragen mich immer wieder, wie ich all das was ich so tue nur schaffen kann. In dem Moment habe ich nie eine Antwort parat denn eigentlich mache ich nicht so viel. Zumindest denke ich das. Und dann fange ich an zu zählen und stelle fest, ich habe genug Interessen und Hobbys für drei. Bevor ich jedes mal durchzähle dachte ich mir, ich schreib hier mal eine Liste zusammen.

Hobby und Arbeit

Ich habe das sagenhafte Glück, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Also empfinde ich es meistens nicht so sehr anstrengend im Büro zu sein wie manch anderer. Das Programmieren für mobile Geräte ist die Verwirklichung eins Traums der Mitte der Neunziger mir wohl durch Star Trek in meinen Kopf gepflanzt wurde. Also Programmiere ich im Büro und wenn ich abends Heim komme mach ich gerade weiter. Egal ob Pflicht oder Freizeit, es macht eigentlich immer Spaß.

Künstlerisch und Handwerklich

Aber mein Leben findet nicht nur hinter der Mattscheibe statt. Ich betätige mich künstlerisch mit Farben und Pinseln um Miniaturen und Skulpturen zu schaffen und zu bemalen. Und manchmal schaffe ich das Programmieren auch mit der Kunst zu verbinden. Heraus kommen dann meist leuchtende Skulpturen wie mein LED-Würfel.
Oder ich entwerfe neue Partykleidung, die häufig auch mit elektrisch leuchtenden Elementen versehen sind.
Seit ich meinen Audi habe, ist auch mein Auto eine neue Baustelle geworden. Davor hab ich zwar deutlich mehr Respekt aber mal eben in der Tiefgarage die Front zerlegen um den Kühlergrill zu tauschen muss schon drin sein. Weiteres ist auch hier schon in Planung.

Gesellschaftliches und Party

Mindestens einmal pro Monat fahre ich nach Stuttgart zum Party machen und Freunde treffen. Das verschlingt dann ein ganzes Wochenende. Wenn es sich sonst anbietet fahre ich in meine Clubs in der Umgebung. Das heisst Party von 23 bis 5 Uhr an einem Freitag oder Samstag oder sogar an beiden Tagen. Aber die kleinen Partys reichen mir meist nicht, so dass ich noch mindestens zwei mal im Jahr quer durch Deutschland pilgere um auf dem einen oder anderen Festival mein Gastspiel zu geben.

Medien

Ich schimpfe mich Cineastin, was so viel heisst dass ich mindestens 2 mal im Monat ins Kino gehe. Tendenziell aber eher öfter. Das große Kino hier ist in laufweite, so dass es keines großen Aufwandes bedarf spontan ins Kino zu gehen. Außerdem bin ich ein Serienjunkie. Ich gucke aber wohlgemerkt aktiv. Programmieren oder malen und gleichzeitig Serien schauen mag ich nicht.
Und weil das noch nicht genug Medien sind, schaffe ich gleich auf drei Kanälen selbst Medien zum Anhören in Form von Podcasts. zwei davon mit meiner lieben Freundin Michaela zusammen und in einem dritten lese ich alte japanische Märchen.

Entwicklung

Die Programmierung und mein Interesse an Podcasts hat mich weiter gebracht als ich dachte, so dass ich mich nebenbei auch noch um die Weiterentwicklung des Mediums bemühe. Ich habe einen Podcast Client für das iPhone geschrieben und fahre drei mal pro Jahr auf Workshops um mich mit Podcasthörern und -machern auszutauschen. Dazu zieht es mich nach Berlin und Wolfsburg. Wenn ich nicht vor Ort bin mache ich Online Support für meine App und schreibe aktiv in Foren.

Sport

Mit Sport hab ich es eigentlich nicht so, auch wenn ich sollte. Seit ich aber aus der Betonwüste Stuttgart an den Bodensee gezogen bin, hat sich auch hier einiges getan. Schwimmen, Paddeln auf dem See oder sogar Stehpaddeln sind neue feste Punkte in meiner Liste der Sommerhobbys geworden.

Abbildend

Und weil das alles noch nicht genug ist und ich gerne mein Leben auch in Bildform festhalte, nimmt die Fotografie mich auch noch in Beschlag. Wenn es nicht um mich geht fotografiere ich gerne feste Objekte und Großkatzen. Schneeleoparden haben es mir hier ganz besonders angetan. Und immer wenn ich Lust habe und sich eine Chance ergibt versuche ich mich als Model vor der Kamera.

Menschlich

Freunde, Partnerschaft und Familie kommen aber vor all diesen schönen Hobbys. Die Menschen, die mich umgeben, sind mir heilig. Um so seltener ich jemanden sehe, um so wichtiger ist es mir die gegebene Zeit so gut es geht zu nutzen. Irgendwie logisch, oder?

Aber ich habe noch so viele weitere Interessen, die hier garnicht so rein passen. Japan, 3D Grafik, Tempelritter, Robotik, Schmuckherstellung, um nur ein paar zu nennen.

Aber trotz allem fühle ich mich nicht gestresst. Ich finde es schade dass ich nicht für alles so viel Zeit aufwenden kann wie ich es mir wünsche aber bin doch froh dass mein Leben nicht aus Arbeit, Couch und Saufen besteht.
Ich sage oft, dass ich das Gefühl habe etwas nachholen zu müssen. Die 12 Jahre die ich mich zurückgezogen hatte. Vielleicht ist daran was dran.

Vorbei

Der Sommer ist vorbei und meine erste Beziehung mit einem Mann auch. Und was mich selbst überrascht hat war, dass ich die Beziehung beendet habe. Nach nem knappen halben Jahr musste ich leider einsehen, dass ich ihn zwar liebe, er mich aber nicht. Er hatte aber leider nicht die Stärke das klar zu machen und zog sich einfach nur mental immer weiter zurück. Es hat nun einfach nicht sollen sein.

Aber kaum war ich wieder ungebunden, stand schon der Nächste auf der Matte. Hier hab ich es auch versucht, musste aber feststellen, dass ich dieses Mal auf der anderen Seite stand und musste die Beziehung bevor sie richtig beginnen konnte schon beenden, da ich nicht genug für ihn empfinden konnte. Was mich dann doch etwas überrascht hat war, dass meine Abfuhr ihn doch mehr mitgenommen hat als ich es für möglich gehalten hätte.

Es sieht also so aus als sei ich auch was dieses Thema angeht angekommen und zudem mache ich wohl doch nicht alles falsch. Für mich wird irgendwann schon noch die richtige Person auftauchen. Dabei halte ich mir alle Wege offen, Männlein oder Weiblein ist mir dabei ziemlich egal. Ich mag Menschen 🙂

Alles in allem geht es mir gerade ziemlich gut. Im Job läuft es und ich fühle mich wohl in allem was ich tue. Keine Selbstzweifel mehr. Auch wenn ich single bin, funktioniert mein Leben gerade ausgesprochen gut und ich habe mehr zu tun, privat wie beruflich, als mir lieb ist. Ich verstecke mich aber nicht vor Problemen oder so etwas. Ich bin mir im klaren darüber was gerade in meinem Leben passiert, was mir wichtig ist, wofür ich kämpfen kann und wo der Kampf zwecklos ist (wie die erste der beiden genannten Beziehungen zum Beispiel). Außerdem habe ich neue Hobbys am See für mich entdeckt, wie zum Beispiel das Stehpaddeln. Leider Hobbys, die nun auch in die Winterpause gehen müssen.

Jetzt kommt erstmal wieder der Herbst und mit ihm der Nebel. Der Bodensee versinkt damit wieder im tristen Grau. Drückt mir die Daumen dass ich mir hier keine Winterdepression einlade.

Eure Jeanette

Sehnsucht

Ich vermisse meine Katzen. Ganz besonders Hexer, meinen Kater. Wer meine Berichte (Teil 1 und Teil 2) von dem Streit mit einem meiner früheren Vermieter gelesen hat weiß, dass ich mehr oder weniger gezwungen war meine Katzen zurück zu lassen, als wir aus der Wohnung ausgezogen sind.

In der gemeinsamen Wohnung mit meiner nun Ex-Freundin hatten wir es uns verkniffen neue Katzen anzuschaffen, da diese nur in der Wohnung hätten sein können. Freigang in einen Garten war dort nicht möglich. 100qm wären zwar groß aber nicht genug gewesen.

Nun lebe ich ganz allein auf 85qm und kann immer noch keine Haustiere halten. Der dritte Stock geht zwar praktischerweise vom Balkon direkt zu 200qm Flachdach über aber das wäre auch kein adäquates Territorium für eine Katze.

Und so schreibe ich dies hier nur um meine Gefühle zu beschreiben.

Hexer war immer zutraulich, anhänglich und hat zeitweise aufs Wort gehört. Jeden Tag kam er rechtzeitig die Strasse vor gelaufen um mich von der U-Bahn abzuholen. Er kletterte gerne auf meine Schulter oder legte sich wie ein Schal von einer Schulter zur anderen hinter meinen Hals und guckte mir beim Arbeiten zu.

Vor meinem Umzug in die Schweiz war ich noch einmal dort, bei der alten Wohnung, konnte ihn allerdings nicht sehen. Der Vermieter war nicht zugegen, so dass ich auch nicht einmal fragen konnte wie es den Katzen ging.

Für ihn poste ich hier auch ein Foto, von meinem alten Ich. Das einzige Foto auf dem man mich als Mann sieht, das ich mag. Dank Michelle ist dieser tolle Moment festgehalten.

Neustart auf Abwegen

Neustart auf Abwegen, oder sollte ich vielleicht sagen „neben den Wegen“?

Aber von Anfang an. Mein letzter Beitrag beschrieb meine erste Zeit in der Schweiz. Nun sind weitere vier Wochen vergangen. 2015-01-31 14.16.44Ich hab meinen Schnapszahl-Geburtstag mit Freunden in Stuttgart gefeiert, hab einen Tag in der Saunalandschaft Schwabenquellen verbracht bevor es zurück in die Schweiz ging. Hier hatte es zwischenzeitlich wieder mehr geschneit. Nichts ungewöhnliches. Tagsüber taut es und abends fällt die Temperatur aber die Strassen waren halbwegs schneefrei. Auf halber Strecke vom Büro nach hause kam wieder eine Passage, in der ich den Smart in die Spurrillen anderer Verkehrsteilnehmer einsetzen musste. Nicht ganz so einfach wenn man bedenkt was hier sonst an Autos rum fährt und weiß dass der Smart nicht nur kurz sondern auch schmal ist.

Es kam wie es kommen musste. Ich geriet irgendwie in den Schnee, der Wagen brach nach links aus. Ich versuchte ihn abzufangen aber das war aussichtslos. Er drehte sich nach rechts, dann schlagartig einmal um sich selbst bevor ich halb rückwärts mit 60 Sachen ins Feld rutschte.

Ich kam mit dem Schrecken davon. Mir persönlich ist nichts passiert. Tage später bemerkte ich komische Geräusche am Smart und musste eine verbogene Felge und die Radnabe tauschen lassen. Bin wohl doch heftiger angestoßen als ich dachte. An der hinteren Felge sieht man noch das Gras und kleine Ästchen, die zwischen Felge und dem Reifengummi stecken. Keine Chance die zu entfernen, so eingequetscht sind die.

Beim Unfall selbst muss ich mich aber wohl doch mehr verspannt haben und vor allem meine Zähne aufeinander gepresst haben, als mir bewusst war. Ich musste eine Woche aussetzen, da die Kieferschmerzen nicht zu ertragen waren und nur ausgiebiges Konsumieren von Schmerzmittel konnte noch helfen.

Der Unfall, ich kann es nicht leugnen, hat seine Spuren hinterlassen. Jedes Mal wenn ich daran denke bekomme ich feuchte Augen, auch jetzt, während ich diese Zeilen schreibe.

Ich hatte sowieso vor mir ein „richtiges“ Auto zu kaufen, aber hier machten mir die Schweizer einen Strich durch die Rechnung. Ich bekomme keinen Kredit, nichtmal einen Leasingvertrag solang ich nicht mindestens ein Jahr in der Schweiz lebe. Aber die Bank hat mir ungefragt direkt zwei Kreditkarten ausgehändigt. Mit dem Überziehungsrahmen und der Hilfe meiner Mom konnte mein Bruder, ein Freund und ich auf die Suche nach etwas Wetterfestem gehen.

Die Rahmenbedingungen wurde neu gesteckt. Ein Fahrzeug das im Schnee klar kommt und mit der Berg und Talfahrt auch. Eins das mich bei Glatteis nicht im Stich lässt. Ein Fahrzeug, dass auch mit der Unfähigkeit anderer Autofahrer klar kommt. Also suchten wir.

Sowas zeiht sich immer hin. Man sucht Autos raus und wenn man was passendes findet stellt man fest, dass er schon verkauft ist. Dann schaut man sich das Fahrzeug an und stellt fest das die Hälfte der Infos falsch war etc.

2015-02-14 10.06.08 HDRAber wir wurden dann doch fündig. Seit gestern bin ich stolze Besitzerin eines Ford Maverick. Das ist ein Geländewagen mit Kuhfänger vorne und Verstärkung an den Seiten. Selbst wenn mir da einer rein rutscht sollte ich nicht mehr ernstlich verletzt werden. Hoffe ich.

Es ist aber auch eine krasse Umstellung nötig. Vorher konnte ich mit dem Smart praktisch überall durch wenn das Lenkrad durch kam *G*. Beim Mav muss ich aufpassen in der Mitte der Spur zu bleiben, da er so breit ist dass ich sonst Strassenschilder oder gar Fußgänger mit nehme. Man merkt, ich bin nicht oft wirklich große, breite Fahrzeuge gefahren.

Wo bleibt das Trans-Thema? Keine Ahnung. Ich lebe einfach. Beim Autokauf des Ford hatte ich es mir recht jungen Leuten zu tun. Aber auch hier oder gerade weil sie so jung waren gab es keine Spitzen, keine Ablehnung, nichts. Ich kam da hin als Frau, hab mir den Wagen angesehen. zwei Tage später gemeinsam zum TÜV zum Gebrauchtwagencheck machen und 4 Tage später holte ich den Wagen ab. Haben uns in der zeit prima verstanden. Entweder hat er es wirklich nicht gemerkt was ich mir nicht vorstellen kann, oder es war einfach kein Problem.

Ganz nebenbei habe ich auch einen Mann kennen gelernt, mit dem ab und zu was läuft. Nichts festes aber zum gemeinsam spass haben und einsame Stunden zu verringern genau das was ich gerade brauche. Jemand der mich in den Arm genommen hat, als ich vom Unfall erzählend wieder einmal feuchte Augen bekommen habe.

Es geht also schon. Nur nicht aufgeben und auf keinen Fall sich einigeln. Niemand wird an deine Tür klopfen wenn du nicht vorher eine breite Strasse zu deinem Haus gebaut hast… bildlich gesprochen.

 

Medizinische Spätfolgen durch die Transition

Vorweg, ich habe mich zu dem Thema noch nicht ausgiebig informiert wenn gleich es eh schon wenig Informationen dazu gibt. Aber ich möchte den Stein ins Rollen bringen das sich auch andere mit dem Thema beschäftigen.

Wir, die Transsexuellen, also auch ich haben das Problem, im falschen Körper geboren worden zu sein. Also in meinem Fall einem Körper der männliche Merkmale hatte. Ich habe Hormone zugeführt, männliche Hormone durch Medikamente unterdrückt. ich habe mich vier mal auf dem OP-Tisch einer Vollnarkose ausgesetzt und operieren lassen. Außerdem trage ich Schuhe die nicht für so große und damit schwere Menschen gedacht sind.

All das ist schon eine ziemliche Last für meinen Körper. Ich frage mich nun, wie sieht meine Zukunft aus? Die Hormone haben den Haushalt meines Körpers ganz schön durcheinander gewürfelt. Die Operationen sind gut verlaufen und ich habe mich erholt. Narben bleiben aber dennoch. Durch hochhackige Schuhe ist meine Körperhaltung besser geworden, ich stehe gerader, aber was halten meine Füße davon?

Zu Füßen gibt es ausgiebige Studien und gruselige Fotos vom Ortopädden zeigen, dass Frauen wirklich viel in kauf nehmen um auf ihren zu hohen Schuhen aufsehen zu erregen. Sie zwängen ihre Füße in viel zu kleine Schuhe wenn es diese nicht in ihrer Größe gibt. Ignorieren die angeborene Fußform zugunsten eines Designerschnitts der bestenfalls einer Schneiderpuppe passt.

Aber die Schuhe sind in meinem Fall wohl eher die Harmloseren Faktoren.

Wie wird sich mein Körper in den nächsten 30 oder 40 Jahren noch verändern? Bin ich weiterhin der Alterung eines männlichen Körpers unterlegen oder werde ich älter, so wie Frauen allgemein?

Mal ganz davon abgesehen, dass nur wenige Vorfahren eines natürlichen Tod gestorben sind. Meine Familie väterlicher und mütterlicher Seits hat schon über Generationen hinweg mit Krebs zu kämpfen. Meine Mutter macht gerade Chemo, mein Vater ist dem Krebs bereits vor 13 Jahren erlegen.

Ich muss dem realistisch sein. Ich habe jetzt noch 10 bis 15 Jahre eine halbwegs glückliches Leben bevor mich das alter und womöglich der Krebs erwischt.

Und hier meine Fragen an euch:

  1. Wie geht ihr mit so einer Perspektive um?
  2. Kennt ihr Studien zum Altersverlauf von Transfrauen?

Krankenhausbericht zum Brustaufbau

Am Sonntag den 13. Oktober um 12 Uhr hab ich mich auf den Weg ins Marienhospital gemacht. Der Brustaufbau steht an. Nach einigem Hin-und-Her mit der Krankenkasse und dem MDK hab ich endlich die Zusage bekommen und recht kurzfristig den Termin für den Eingriff festlegen können. Es begann mit der Aufnahme, den Formalien und einem Patientenbändchen am linken Handgelenk. Danach kam ich auf ein leeres Zimmer, eigentlich als Doppelzimmer ausgelegt würde ich dieses wohl für mich allein haben. Mittagessen wurde gereicht und Blut abgezapft. Später wartete ich noch eine Stunde vor der Anästhesie-Aufnahme für das Vorgespräch. Vollnarkose. Sehr gut. Zugang im Handrücken, weniger gut. Mal sehen ob ich den Arzt nicht doch noch dazu überreden kann die Armbeuge zu piksen, da ich das letzte Mal mit dem Handrücken nicht so gute Erfahrungen gemacht hatte. In diesem Krankenhaus läuft alles nur über Nummern, die man sich im Wartebereich zieht und die dann über eine Leuchttafel aufgerufen werden. Genauso wie beim Amt. Ich saß eine volle Stunde vor der Anästhesie und wartete auf meine Ziffer. 951. Auf der Tafel leuchtete 945. Und es änderte sich nichts. Irgendwann wurde ich dann namentlich aufgerufen und durfte in die Sprechstunde. Als ich wieder heraus kam stand da immernoch 945. Ich so zu einer der Schwestern: „Tschuldigung, kleiner Tipp. Es wäre weniger frustrierend wenn sich diese Tafel auch ab und zu ändern würde.“ Daraufhin die Schwester: „Da ja haben Sie wohl recht aber wissen Sie was? Wir haben nicht den blassesten Schimmer wie das funktioniert. Ich glaube wir machen die einfach mal wieder aus“. Mit breitem Grinsen ging es zurück ins Zimmer. Die Stationsschwester nahm mich dann noch auf, maß meine Temperatur und Blutwerte. Außerdem meine Waden für die Thrombosestrümpfe. Komisch, ich dachte die Spritzen in Oberschenkel oder Bauch würden ausreichen, da ich bei der Geschlechtsangleichung auch keine solchen Socken anziehen musste.

Dienstag, der Tag der OP

Die Tür geht auf, „Sind Sie wach? Wir müssten noch anzeichnen, kommen Sie bitte mit?“. 6:46 Uhr. Kann kaum aus den Augen sehen geschweige denn aufrecht stehen. Im Ärztezimmer pinselte mir die Ärztin mit einem grünen Edding Linien auf den Oberkörper. Wie sich später zeigen sollte ziemlich schief und ungleichmäßig. Kreislauf macht schlapp und ich mach mich im erstmal auf der Liege im Ärztezimmer lang. Mit war übel. Die Ärztin fragt nach der Wunschgröße. Ein C antworte ich. Sie argumentiert dass wir dann wohl mit 245 anfangen. Verstehe nur Bahnhof. Der Arzt in der Vorbesprechung sprach von 280ml. OP-Kleidung Brustaufbau MarienhospitalUnd was heisst hier anfangen? Ich wollte nicht in zwei Wochen wieder zum Wechseln kommen. Auf meine Frage ob über oder unter die Brustmuskulatur meinte Sie, dass ich genug Gewebe darüber habe, dass Sie nicht unter den Muskel gehen werden. Andernfalls würde das Implantat mit der Muskulatur mit arbeiten, sich bewegen und das Risiko dass es verrutscht deutlich zunehmen. Gegen 11:30 legte mir die Schwester meine OP-Kleidung raus, die ich in den nächsten 20 Minuten anziehen sollte. Ich tat wie mir geheissen und wartete. Um 12:55 machte ich noch ein Foto von mir in OP-Kittel und Trombosestrümpfen vor dem Spiegel. 13:20 Wurde ich dann endlich abgeholt. Samt Bett wurde ich in den OP-Trakt geschoben. Meine Infusionsnadel in den linken Handrücken bekam ich 13:31. Kurz darauf ging es in den ziemlich kalten OP-Saal. Die Betäubungsinfusion tat etwas weh und dann bekam ich wieder eine Maske aufs Gesicht. In einem großen Aufwachraum kam ich wieder zu mir. Anderen anwesenden wurde deutlich gemacht liegen zu bleiben. Sehen konnte ich nicht viel da die Augen noch ziemlich in Mitleidenschaft gezogen waren. Die Neon-Röhren an der Decke taten ihr übriges. Einige Zeit später wurde ich zurück auf mein Zimmer geschoben. Dort wartete bereits meine Freundin. Ich musste mit der Schläfrigkeit kämpfen. Meine Augen konnte ich immer nur wenige Sekunden offen halten. In der kommenden Stunde wurde es aber schon besser. Übel war mir dieses Mal überhaupt nicht. Ich bekam langsam Hunger und das Abendessen half mir wieder zu Kräften zu kommen. Zwei Stunden später musste meine Freundin wieder gehen und ich machte mich wieder lang.

Heilungsverlauf

Um Punkt 4 Uhr war ich wieder wach und konnte bis um 8 Uhr nur noch dösen. Vielleicht hab ich auch noch Mal eine oder zwei Stunden geschlafen aber erholsam war es nicht mehr. Auf dem Rücken schlafen ist so gar nicht mein Ding und hier darf ich mich noch nichtmal auf die Seite drehen. Ich habs auch gar nicht erst versucht. Wäre ein schmerzhaftes Unterfangen geworden. Die grünen Markierungen waren wohl zu schief und zu verwischt, jedenfalls fand ich neue lila-farbene Linien auf meinem Oberkörper wieder. Den Verband konnte ich auch schon nach vorne drücken um meine neuen Rundungen zu sehen. Allerdings tat jede Berührung am Übergang zwischen unbehandelt und silokongepolstert ordentlich weh. Im Laufe des Dienstags konnte ich schon wieder allein aufstehen, hab mich frisch gemacht und konnte statt im Bett schon am Tisch essen. Ich schleppte die ganze zeit zwei Flaschen mit halb geronnenem Blut an Schläuchen mit mir herum. Die Wundflüssigkeit aus jeder Implantatwunde liefen dort hinein. Mit Hilfe meiner Freundin hab ich mir noch meine Haare gewaschen. Naja eigentlich hat sie die Haare gewaschen und ich nur gejammert aber wen interessieren schon solche Details. Eigentlich sollte ich eine Zimmernachbarin bekommen, aber nachdem diese mit einem Einzelzimmer-Schein wedelte, hatte sich das auch wieder erledigt. So blieb ich auch die Nacht von Dienstag auf Mittwoch allein im Zimmer und nutzte die Ruhe um TV-Serien wie „House of Cards“ und „Breaking Bad“ zu sehen und Podcasts von Holgi und „Mensch Otto/Thaile“ zu hören.

Am Mittwoch, kurz nach dem Frühstück wurde mir im Bett liegend der Verband abgenommen. Da in die Dränage-Flaschen nichts neues geflossen ist, wurden auch die Schläuche entfernt. Als die Schläuche durchschnitten wurden, war es als würde ein zusammengepresstes Gefäß mit Unterdruck sich wieder ausdehnen können. Außerdem hörte ich einen starken Luftzug von den Schlauchstummeln. Ich atmete ein und beim Ausatmen wurde jeweils der Schlauch an einer Brust heraus gezogen. Ein Pflaster auf die Wunde und schon war es vorbei. Stütz BH BrustaufbauKurz nach dem Mittagessen kam eine Frau von einem Sanitätshaus vorbei und passte mir einen stützenden BH ohne Bügel an und gab mir noch einen zweiten dazu. Über ein nachzureichendes Rezept von Haus- oder Frauenarzt würden dafür die Kosten von der Krankenkasse übernommen, hieß es. Ich bekam noch sehr netten Besuch von einem Freund und meiner Freundin, so dass ich, durchs Krankenhaus wandernd, endlich wieder ein wenig Bewegung bekam.

Am heutigen Donnerstag wurden mir morgens noch die Pflaster über den Nähten abgenommen und gesagt, ich würde Freitag entlassen werden. Nichtmal zwei Stunden später wurde ich nach hause geschickt. Sie benötigten das Bett und da bei mir keine Komplikationen mehr absehbar waren konnte ich gehen. Mein Arbeitgeber schickte mir einen Kollegen, der mich nach hause fuhr, da ich es allein nicht geschafft hätte. Ich kann zwar halbwegs aufrecht stehen aber schwere Dinge wie meinen Koffer hätte ich nicht durch Bus und Bahn nach hause wuchten können.

In einer Woche, am nächsten Donnerstag habe ich wieder einen Termin im Hospital zur Nachuntersuchung. Jetzt freue ich mich erst einmal auf eine Ausgiebige aber nicht zu heisse Dusche…

Mimose ich

Kürzlich verlinkte Michaela einen Beitrag vom WDR zum Thema „hochsensibel„. Ich hielt mich bis dato für recht einfühlsam und auch etwas dünnhäutig. Mir geht vieles oft deutlich näher als meinen Mitmenschen. Ich hatte das längst als „so bin ich halt“ abgehackt und mich damit abgefunden.

Nichtsahnend öffnete ich den verlinkten Selbsttest, den ich für einen der üblichen pseudo-psychologischen Tests hielt und klickte mich durch. Den Beitrag vom WDR hatte ich noch gar nicht gesehen und die Infoseite „Zartbesaitet“ hatte ich nur überflogen.

Das Ergebnis hat mich dann aber doch überrascht. Ich hatte die höchstmögliche Punktezahl und die dazugehörige Erklärung öffnete mir die Augen. Meine übermäßige Sensibilität zieht größere Kreise als ich dachte.

Nachdem ich die Beschreibungen nachgelesen hatte musste ich feststellen, dass fast alle Merkmale auch auf mich zutrafen.

Ich bin gerne unter Menschen die ich kenne und mag, aber schnell wird es mir zuviel. Ich fühle mich gezwungen, eingeengt und ziehe mich auch schnell zurück. Gleichzeitig empfinde ich das Verhalten anderer als ausgrenzend. Durch die Ausgrenzung bei Gesprächen mit mehr als einer Person werde ich hingegen schnell wütend. Aber um nicht anzuecken oder andere zu belasten behalte ich meine Gefühle meist für mich und fresse es in mich hinein. In den wenigen Situationen ich denen ich mich dazu geäußert habe hörte ich mehr als einmal „du spinst doch„.

Lärm oder vielschichtige Geräusche belasten mich extrem. Durch ein Einkaufszentrum oder den Supermarkt komme ich nur mit Kopfhörern. Ich schotte mich durch die Ohrstöpsel von den Geräuschen meiner Umwelt ab. Dies klappt aber eben nicht immer und so passiert es mir zum Beispiel regelmäßig in der Gemeinschaftsküche, wenn mehr als 4 Personen reden, dass der Lärmpegel mir zuviel wird und ich mich in ein leerstehendes Besprechungszimmer zurückziehe.

Menschen reden gerne mit mir, offenbaren mir ihre Sorgen und Ängste. Ich hab immer ein offenes Ohr für die, die es brauchen. Gleichzeitig habe ich aber Schwierigkeiten über meine Gedanken, Probleme und Sorgen zu reden. Selbst bei den ganz wenigen Menschen, zu denen ich einen guten Draht habe, hab ich immer ein Restgefühl, ich würde mich mit meinen problemen aufdrängen.

Emotionen schlagen bei mir sehr heftig an. Egal ob aus dem realen Leben wenn etwas passiert oder durch Film und Fernsehen. Dies wirkt sich inzwischen deutlich auf meinen Taschentuchkonsum aus. Dabei ist es egal ob etwas zum Lachen oder zum Weinen ist. Tränen fließen fast immer. Dies ist aber auch erst seit der Zuführung des Testosteronblockers so. Früher fühlte ich mich zwar so als ob ich vor lachen oder schmerzen weinen müsste, konnte es aber nie.

Einzig bei Gerüchen scheine ich nicht so anfällig zu sein.

Die genannten Merkmale die der Hochsensibilität zugesprochen werden erklären in der Summe so einiges, was gerade in der jüngsten Zeit mit mir passiert ist. Ich bin aus heiterem Himmel mit einer Person aneinander geraten. Ich hatte mich nur um das Wohl seiner neuen Freundin gesorgt und mich gefreut, dass es ihr mit dem neuen Partner gut ginge. Daraufhin wurde der Partner grob und nötigte mir sogar eine unangebrachte Entschuldigung ab, da mich diese Beziehung ja nichts anginge. Ich war offen und positiv eingestellt, hatte nur das aller Beste im Sinn und wurde so der geballten Wut einer frustrierten aber höchst aggressiven Person ausgesetzt. Dies hat mich noch fast eine Woche lang geprägt und schwingt immer noch ein wenig in meinem Hinterkopf nach.

Alles in allem komme ich damit mehr oder weniger gut klar aber ich wünschte mir oft es wäre nicht so anstrengend.

Der Test gibt abschließend Ratschläge, wie mit der Empfindlichkeit besser umzugehen sei. Ich kann nicht erwarten, das andere genauso denken und reagieren. Ich darf es nicht so persönlich nehmen wenn jemand nicht so aufmerksam und rücksichtsvoll ist wie ich es sein würde.

Oftmals, wenn mich wieder irgendetwas heftig erwischt hat wünschte ich mir mich einfach aus allem raus zu ziehen. Gestern erst, auf der Tanzfläche mich zur Musik bewegend kamen die Gedanken alle Brücken abzureissen, mich zurückzuziehen und mit niemandem etwas mehr zutun haben zu wollen. Wenn diese Gedanken stärker werden versuche ich dies sogar hin und wieder aber genauso schnell suche ich wieder Nähe und Anschluss.

Es ist nicht einfach in einer Welt voller Dornen zu leben wenn die eigene Haut wie Seide ist…

Jeanette auf die Ohren

Nach fast einem Jahr habe ich am Freitag wieder ein Gespräch mit Holgi führen dürfen. Ich versuche ihm darin zu vermitteln wie das Leben als Transfrau sich im Alltag gestaltet und welche Tortouren Frau so durchmachen muss um so zu sein wie mein eigentlich sowieso schon ist. Hört doch mal rein.

Link zum Interview: Hier lang

777 Tage

Dank meinem kleinen Erinnerungstool hab ich eben erfahren, dass ich nun 777 Tage als Jeanette im öffentlichen Leben stehe.

Mit festem Stand im Job wie privat habe ich mich sehr gut eingelebt bzw. umgestellt. Alles geht gerade bergauf.

Das nächste kuriose Jubiläum ist dann nach 7 Jahren, 7 Monaten und 7 Tagen. Genug Zeit für noch mehr Veränderungen und endlich ein bisschen leben.

Zweijähriges

Heute sind es zwei Jahre als Jeanette in der wirklichen Welt.

Ich hab mich unglaublich entwickelt und noch unglaublichere Freunde an meiner Seite die mich immer unterstützten.

Danke an Alle die an mich glauben und mich so akzeptieren wie ich bin, mit all meinen Fehlern und Ticks. Ganz besonderer Dank gilt Manu, Jesko und Ali.