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September 2011

Ein Monat nach unserem Umzug haben wir uns schon sehr gut eingelebt.

Ich wurde nach Fotos zur Dokumentation des Bartwuchses gefragt. Diese sind mit dem Antrag nun endlich beim Technischen Dienst der Krankenkasse. Warum dauert das bloß alles so lange? Der Krankenkasse ist es sichtlich egal dass ich leide, dass ich jeden Tag mit Bartwuchs aufwache und mich jeden Morgen aufs neue rasieren muss um dann doch mit merkwürdigen Blicken angesehen werde, da der Bartschatten unübersehbar ist. Wie soll ich vollwertig als Frau leben wenn doch so ein markantes Merkmal dem im Weg steht?

Der Antrag zur Kostenübernahme der geschlechtsangleichenden OP ist auch schon raus. Bleibt abzuwarten wie lange ich bei diesem Antrag warten muss. Gefolgt von etwa 3 Monaten auf der Warteliste vom ausführenden Arzt.

Arztbesuch in Bogenhausen

Am 9. September 2011 hatte ich mein erstes Vorsprechen in Bogenhausen. In der Klinik, genannt „Beckenbodenzentrum Bogenhausen“, arbeitet Dr. Liedl, den ich mir für meine geschlechtsangleichende OP ausgesucht habe.

Das Team rund um den Doktor macht einen professionellen, eingespielten Eindruck. Beim Doktor Liedl selbst bin ich mir noch etwas unschlüssig, was ich von Ihm halten soll. Fachlich ist er einer der besten Operateure in Deutschland.

Beim Gespräch erläuterte es sehr genau, was die OP umfassen wird und wie diese ablaufen würde. Außerdem hat er mir einige Dokumente mitgegeben, die, an meine anderen Ärzte weitergereicht, dazu führen sollen, dass die nötigen Genehmigungen eingeholt werden können.

Die Zeit auf der Wartezeit beträgt etwa 3 Monate, aber da die Krankenkasse immer noch wegen der Laserepilation auf sich warten lässt, wird das wohl nicht ganz so schnell gehen.

August 2011

Dieser August war extrem turbulent. Nachdem die Anfeindungen von Seiten meines Vermieters untragbar wurden, haben wir ende Juli fristlos gekündigt und sind zum 27. August ausgezogen. Der Vermieter mag nur ruhige, pflegeleichte Mieter die bloss nix von ihm wollen, aber alle seine Regeln befolgen. Aber wenn wir etwas wollten wurde dem nicht entsprochen. Den ganzen August lang haben wir ausschliesslich kalt geduscht weil er der Meinung war wir würden zu viel Wasser verbrauchen. Die Beleidigungen und Übergriffe gegen meine Freundin wurden immer heftiger, dass wir sogar Anzeige in 4 Punkten erstatten mussten. Mehr dazu schreib ich demnächst unter „Erlebnisberichte“.

Ich hab für den 9. September eine Beratungsgespräch beim ausführenden Arzt meiner Wahl für die große OP. Ich werde zum Herrn Dr. Liedl nach München gehen, hat doch er und die Klinik Bogenhausen einen hervorragenden Ruf. Außerdem komme ich ja ursprünglich aus München und bin dank dort lebender Familie auch nicht allein. Mal ganz davon abgesehen dass meine Freundin jetzt schon wissen will, wann das sein wird, dass sie sich entsprechend Urlaub nehmen kann.

Mein Passing scheint inzwischen nahezu perfekt zu sein. Nur wenn ich etwas „overdressed“ bin, werde ich begutachtet aber sonst gehe ich in der Masse einfach unter und werde nicht begafft. Fühle mich langsam „angekommen“.

Gefühle, Liebe und Schmerz

Es fällt mir nicht ganz leicht über dieses Thema zu schreiben, ist es doch nicht so leicht seine eigenen Gefühl zu reflektieren.

Der Dezember 2010 war mit Sicherheit einer der schwersten dieses Jahr. Zuerst hatte ich subjektiv das Gefühl, das wenn ich Nachts heim komme und direkt die Medikamente vor dem Schlafen nehme, dass meine Brust dadurch schneller wächst. Daraufhin hab ich den Testosteronblocker und die Östrogene immer schon vor dem Schlafengehen genommen was meine Gefühlswelt ganz ordentlich durcheinander warf.

Dazu kam noch, das ich mich verliebte, aber meine bessere Hälfte sich Ihrerseits nicht sicher war, wären wir doch das doppelte Fragezeichen (Lesbisch? oder doch nicht?). Über diese Unsicherheit und die Angst sie zu verlieren brach in mir immer wieder heftig Panik aus.

Später fand ich auch noch heraus, das starke Emotionen den Testosteronblocker neutralisieren kann was mein Chaos im Kopf noch förderte.

Ich saß wieder zitternd, heulend im Büro fest und war alles andere als arbeitsfähig.

An dieser Stelle möchte ich mich mal bei meinem besten Freund und seiner Freundin für die Unterstützung und den Beistand bedanken. Ohne euch wäre ich längst zerbrochen. Alle halten mich für eine starke Frau aber in Situationen wie diesen merke ich doch wie verletzlich ich doch (geworden) bin.

Leben und Liebe als Transgender mag sich mancher als schwierig vorstellen aber man macht sich kein Bild was der Partner dabei für ein Gefühlschaos durchleben muss. Eingekleidet und geschminkt ist eine Sache. Ohne Kleidung im Dunkeln, reduziert auf den Tastsinn und das was man hört verändert die Vorstellung schon sehr. Ich beschreibe hier was mir mein Gegenüber erzählt und beschrieben hat. Ich wurde im Geiste als Frau wahrgenommen und geliebt aber reduziert auf so wenig Sinne bin ich plötzlich wieder ein Mann, zumal mir die Geschlechtsangleichende OP noch bevor steht. Die Silhouette im Gegenlicht und dazu die Stimme tragen dabei nicht gerade zum Passing bei.

Das deswegen Beziehungen zerbrechen oder gar nicht erst tiefer gehen wundert mich daher kein bisschen. Es wird also Zeit die OP machen zu lassen und wieder zum Stimmtraining zu kommen.