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Mädchen in Uniform

Nachdem in letzter Zeit meine Beiträge doch etwas arg negativ geworden sind, ich konnte sie leider nicht schönreden, gibt’s heute mal eine etwas angenehmere Geschichte.

Das letzte halbe Jahr, sofern ich überhaupt weggehen konnte, war ich meist ziemlich neutral bis maskulin unterwegs. Das lag daran, dass ich in der engen, sehr figurbetonten Kleidung nicht besonders gut tanzen konnte. Hohe Stiefel, Strumpfhosen, enge Röcke und Korsagen sind einfach nicht zum Tanzen geeignet. Also bleibt es meist bei einem Top und Rave/Bondagehose. Mit diesem maskulinen Outfit konnte ich zwar sehr viel besser tanzen aber die Anzahl der guten Gespräche mit anderen Partygästen ging doch rapide zurück. Ich war „weder Fisch noch Fleisch“ und machte dazu einen zu toughen Eindruck. Außerdem fängt man sich in meiner Umgebung gerne blaue Flecken wenn ich am tanzen bin.

Letztes Wochenende hingegen hab ich mich mal wieder richtig in Schale geworfen. Weiße Bluse zu kurzem schwarzen recht förmlichen Rock. Darüber ein schwarzes Unterbrustkorsett und eine schwarze Krawatte. Ihr ahnt es schon. Ich gehe nicht in die üblichen Clubs der Innenstadt sondern bin lieber in der schwarzen Szene zuhause. Mit einer schwarzen Armbinde am linken Oberarm war das Outfit fast perfekt und passte so zum Stil von „Mädchen in Uniform“ von der Band „Nachtmahr“. Mit der Uniform sah das letzten Samstag dann doch wieder ganz anders aus. Obwohl die weiße Bluse die breiteren Schultern noch hervorhebt war das Gesamtbild doch angenehem weiblich.

Als mir die Kräfte schwindeten, setzte ich mich in die Lounch des Clubs. Zwar konnte ich mit meinem Outfit nicht so ausufernd tanzen wie sonst aber nach gut drei Stunden auf hochhackigen Stiefeln taten mir die Füße doch weh. Ich setzte mich also in einen Stuhl am Rand der Tanzfläche und legte meine Füße hoch. Ich war gut im Blick für alle die von oder zur Tanzfläche wollten und so dauerte es nicht lang und ich hatte einen handfesten Flirt an der Backe.

Meine Freundin schaute immer mal wieder vorbei ohne meinen Gesprächspartnern zu signalisieren zu wem sie gehörte. Sie ließ mir so den Spass mich auch wieder einmal umgarnt und angeflirtet zu fühlen. Ich unterhielt mich recht angeregt und wären ein paar jüngere Freunde nicht dazu gekommen hätte ich wohl recht bald einen Kussmund abwehren müssen.

Dass mir beim Fotos machen dann noch ein angeschwipstes Mädchen unter den Rock griff will ich gar nicht so breit treten außer zu bemerken, dass ich zwar damit gerechnet hab, aber nicht gedacht hätte, dass die erste Person die so etwas tut weiblich sein würde. Was so ein kleines bisschen mehr herausputzen doch ausmachen kann.

Jetzt hab ich nur noch ein Partywochenende vor mir bevor es wieder in die Klink nach München geht. Warum auch immer aber vor dieser zweiten Operation hab ich nun doch mehr Angst als vor dem ersten großen Schritt. Aber schon jetzt haben über ein halbes dutzend Freunde bescheid gegeben mich im Krankenhaus besuchen zu kommen. Langweilig wirds’s mir wohl nicht werden. Auch werde ich wahrscheinlich die selbe Bettnachbarin haben wie bei meinem ersten Aufenthalt.

fast 4 Monate danach

Achtung:

Dieser Artikel wurde in einer sehr deprimierenden Zeit geschrieben, als wirklich sehr viel auf einmal schief lief. Beruflich, privat und körperlich. Darüber bin ich deutlich hinweg (Stand Februar 2016).

Ich wusste worauf ich mich einließ, habe mich ausgiebig informiert. Ich hatte Beratungsgespräche und hab mich mit anderen Patientinnen unterhalten. Alle nannten Liedl den besten Operator in Deutschland. Doch nun, kaum hab ich es hinter mir höre ich als so vielen Richtungen dass Liedl auf dem absteigenden Ast sitzt. Die Patientinnen sind plötzlich alle nicht mehr zufrieden und beklagen so einiges. Zu diesen Patientinnen kann ich mich nun einreihen. Hätte ich vorher mehr gewusst, wäre ich nicht zu Liedl gegangen. Dies war mein zweiter Fehler. Mein erster war es zu glauben, wenn ich auf Frauen stehe, auf den Penis verzichten zu können. Und dazu kommt mein dritter Fehler, zu glauben durch die Op würde sich für mich in meinem Umfeld etwas verändern. Aber der Reihe nach:

Fehler 1:

Ich stehe auf Frauen, Männer sind zwar ganz interessant aber für was dauerhaftes einfach nicht kompatibel. Ich hatte mir Nähe und Zärtlichkeit zwischen Frauen als was angenehmes, rücksichtsvolles und schönes vorgestellt. Aber auch nach der Operation bin ich immer noch nicht so Frau wie jene Bio-Frauen die es mit ihres Gleichen treiben. Es funktioniert bisher rein gar nichts. Wenn ich etwas spüre, was massiv eingeschränkt ist, dann ist es unangenehm bis schmerzhaft. Ansonsten fühle ich fast nichts. Es ist wie auf totem Fleisch herumzustochern. Unbefriedigend. Mir ist klar dass es seine Zeit braucht um auszuheilen aber ich bin doch etwas enttäuscht von der Entwicklung. Die Operation ist nun schon fast ein drittel Jahr her und ich extrem gefrustet.

Fehler 2:

Inzwischen weiß ich, das Liedl nicht der beste Operator ist und eine nicht besonders erfolg versprechende Methode anwendet. Schaff oder Pottek sind auf dem Gebiet führend und praktizieren Methoden, die für den folgenden Alltag der Patienten sehr viel besser sind als die, die Liedl gemacht hat. Die Patientinnen können bei Schaffs Methode spontan feucht werden, können sich die regelmäßigen Zäpfchen spaaren und damit auch das ständige Tragen von Einlagen. Bei Liedls Methode wird in kauf genommen, dass die Patienten danach eine halbwegs vernünftig aussehende Vagina hat, die aber nur marginal benutzbar ist. Dies wurde vorher nie so klar gesagt. Wenn die Vorhaut beschnitten ist, sollte normal eine Verlängerung aus Hodenhaut eingesetzt werden. Dies wurde nicht gemacht. Nachdem die Penishaut umgestülpt ist, sollte sie abgeschabt werden um die letzten Haarwurzeln zu entfernen. Dies wurde auch nicht gemacht. Jetzt wächst aus meiner neuen Vagina ein Busch aus Haaren heraus, den ich nie rasieren kann da eine Rasur auf der weichen Haut zu einem Blutbad führen würde. Außen herum ist die Rasur möglich, auch wenn die taube Haut sich nur sehr unangenehm rasieren lässt. Der Empfindlichste Bereich sollte die verpflanzte Eichel, also der neue Kitzler sein. Hier wurden scheinbar alle Nervenbahnen getötet. ich empfinde absolut gar nichts. Ich kann nicht nachvollziehen wie es zu diesen krassen Fehlern kommen konnte.

Fehler 3:

Ich weiß nicht wie ich auf die Idee kam die Op würde meinen Stand in der Öffentlichkeit verbessern. Ich hatte irgendwie gehofft endlich ganz als Frau wahrgenommen zu werden. Dabei habe ich eines übersehen. Die Änderung durch die OP sieht ja niemand. Ich werde weiterhin als Transe wahrgenommen. Alle Welt geht weiterhin davon aus ich hätte nen Penis. ich weiß wirklich nicht was mich hier geritten hat. Zwischen den Männern werde ich nicht ernst genommen, bin ich doch ne Frau. zwischen Frauen werde ich als bemitleidenswert wahrgenommen, aber nicht als eine von Ihnen. Und die aktuelle Sexismus-Debatte „#Aufschrei“ tut ihr übriges. Ich bekomme diesen Mist genauso ab nur wenn ich mich äußere werde weder als Frau noch als Mann wahrgenommen. Man entzieht mir das Recht mich in dieser Debatte zu äußern.

Aber es gibt nicht nur schlechtes zu berichten.

Ich hab fast keine Schmerzen mehr, kann lange stehen und laufen ohne das es noch anfängt zu ziehen. Der farbige Ausfluss ist auf ein Minimum zurückgegangen, ist aber weiterhin leicht bräunlich, vor allem wenn ich das Gynoflor-Zäpfchen eingeführt habe. Das Bogieren klappt auch immer besser. Inzwischen bin ich bei den 5 Medizinischen Dilatoren bei der vierten Größe angekommen und kann auch direkt damit die Übungen beginnen. Nach etwa einer halben Stunde ist auch die Gegend hinter dem Damm soweit gedehnt, dass der Dilator bis zum Griff eingeführt werden kann. Die Korrekturoperation muss jetzt noch folgende Punkte korrigieren:

  • Die Behaarung
  • Die Schamlippen deutlich verkleinern und die ganze Anordnung korrigieren
  • Die Sprinkleranlage zu einem Strahl korrigieren. Das Urinieren ist immer noch etwas heikel.
  • Klärung welche Medikamente ich weiterhin noch nehmen muss Ich hoffe ich hab euch nicht wieder zu viel Angst gemacht. Ich muss mir hier nur endlich mal Luft machen. Es hilft nicht so offensichtliche Probleme tot zu schweigen. ich drück mir die Daumen, dass sich doch noch etwas verbessert. Bis dahin eure Jeanette

Gaffer

Apropos hinterher sehen.

Ganz normales Volk, wenn es mir hinterher haut kann man sehr leicht dadurch irritieren, wenn man diese anstarrt. Schnell fühlen sie sich ertappt und schauen weg.

Anders hingegen bei Bauarbeitern oder anderen Männern, die niederen Jobs nachgehen. Zurückstarren bringt hier gar nichts, da diesen Menschen meist jede Form von Anstand verloren gegangen ist.

Reaktionen von Mann und Frau

Männer sind doch einfach gestrickt. Lauf ich in Jeans und T-Shirt rum, interessiert es inzwischen niemanden mehr. Trag ich aber ein Top dessen Ausschnitt deutlich mehr zeigt, guckt mir jeder Kerl dort hin oder schaut mich generell genauer an. Dass er bei genauerem hinsehen entdeckt, das hier irgendwas nicht stimmt ist dann nur noch eine Frage der Zeit.

Einzelgänger Lächeln mich dann oft an mit einem Blick der mir klar macht, er würde mich gerne ansprechen, traut sich aber nicht.

Sind die Männer allerdings in Gruppen unterwegs wird frei nach Klischee gelästert.

Frauen hingegen Lächeln und zeigen mir, dass sie meinen Mut toll finden.

Frauen in Gruppen oder mit Partner hingegen sind genauso eckig wie Männer, wenn sie im Rudel unterwegs sind.

Ich hab große Angst oder Respekt davor, diese Art von Reaktionen mein restliches Leben erwarten zu müssen.